Immobilienforum: Preise für Wohneigentum steigen weiter
Mit dem Immobilienforum fand kürzlich der grösste Ostschweizer Anlass der Immobilienbranche in St.Gallen statt. Rund 1000 Investorinnen, Bauunternehmer und Exponenten der Immobilienbranche trafen sich – dieses Jahr zum ersten Mal in der St.Galler Kantonalbank Halle.
Thomas Stucki, Chief Investment Officer der St.Galler Kantonalbank, präsentierte die Zinsaussichten für das Jahr 2025 und verwendete dafür symbolisch das Bild einer mächtigen Gewitterwolke: «Man weiss nicht so genau, was alles politisch und wirtschaftlich passieren könnte in diesem Jahr mit den neuen Voraussetzungen in den USA, den Problemen in Deutschland, Frankreich und anderen Ländern.» Stucki kam in seiner Prognose zu folgendem Schluss: «Die Periode mit sehr tiefen Zinsen in der Schweiz wird länger dauern.» Der Franken werde vor allem gegenüber dem Euro, welcher von den wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten in Deutschland und Frankreich belastet wird, unter Aufwertungsdruck bleiben. «Die wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für den Immobilienmarkt sind in diesem Umfeld gut», so Stucki.
Zu kleine Projektvolumina in Ostschweiz
Patrick Schnorf, Leiter Research und Partner von Wüest Partner, gewährte einen Einblick in die jüngsten Entwicklungen am Ostschweizer Immobilienmarkt. In Bezug auf die Region St.Gallen stellt er fest: «Die sinkenden Zinsen haben die Nachfrage nach Wohneigentum in der Region St. Gallen wieder angefacht. Trotz einer leichten Abschwächung der Preisdynamik sind die Preise für Eigentumswohnungen im letzten Jahr um 2.7 % gestiegen. Einfamilienhäuser bewegen sich preislich auf dem Niveau des Vorjahres. Aufgrund der erneut gesunkenen Zinsen ist 2025 sowohl bei Eigentumswohnungen wie auch bei Einfamilienhäusern mit einem weiteren Anstieg der Preise zu rechnen.» Hotspot in der Bautätigkeit in der Ostschweiz bleibt das Rheintal, wo Schnorf die grössten Investitionsschwerpunkte ausmacht. Eine besondere Herausforderung seien die kleinen Projektvolumina: «Es gibt nur wenige Projekte, die auf ein Investitionsvolumen von über 15 Millionen Franken kommen. Dies erschwert es für die Investoren, von Skaleneffekten zu profitieren», so Schnorf.
Wird der Wohnungsmarkt zu Tode reguliert?
Politologe Michael Hermann erläuterte anschliessend die Grundlagen des Erfolgsmodells Schweiz, die aber immer mehr unter Druck gerieten. So führe z.B. der Wert der direkten Demokratie heute zu einer Stärkung der Vetokräfte, was die Entwicklung der Gesellschaft behindern könne. Und der viel gelobte Föderalismus in der Schweiz sei dafür wenig effizient. Dies bringe gerade in Bezug auf die aktuelle Lage unserer Gesellschaft Herausforderungen mit sich. «In der Schweiz gibt es eine Wohnungskrise. Gemessen am Bevölkerungswachstum wird zu wenig gebaut, Bestandswohnungen werden nicht freigegeben, Fehlallokationen entstehen», so Hermann. Er bleibt jedoch positiv und hofft auf die Schwarmintelligenz der Gesellschaft. Wichtig sei aber, dass wir den Diskurs ändern und Objektivität in die Diskussionen bringen, um Vorurteile oder Falschaussagen zu bekämpfen. So stimme es zum Beispiel nicht, dass eine erhöhte Wohnbautätigkeit mit höheren Preisen einhergehe: das könne statistisch widerlegt werden.
Ob der Wohnungsmarkt totreguliert werde, fragte Moderator Mark Dittli im anschliessenden Dialog mit Schnorf und Hermann seine Gäste. «Das ist zu sehr schwarz-weiss gemalt. Es läuft nicht alles schief, aber wir sind einfach zu wenig konsequent im Vollzug», meinte Schnorf. Politologe Hermann wies darauf hin, dass vor allem ältere Personen bei den entsprechenden Vorlagen zur Abstimmung gehen, und da sei es klar, dass diese ihren Besitzstand wahren möchten.