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Bauwirtschaft: Sinkende Zinsen, aber verhaltene Nachfrage
Die Schweizerische Nationalbank hat die Zinsen gesenkt und damit die Finanzierungsbedingungen für Bauprojekte gelockert. Während die tiefen Zinsen grundsätzlich die Bautätigkeit ankurbeln sollten, bleibt die Geschäftslage in der Ostschweiz verhalten.
Zinssenkungen der SNB vergünstigen Kredite
Im vergangenen Jahr hat die Schweizerische Nationalbank ihren Leitzins um 1.25 Prozentpunkte gesenkt und damit die Finanzierungsbedingungen für neue Kredite gelockert. Im März erwarten wir eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte. Die Zinsen von Saron-Hypotheken folgen dem Leitzins und sind entsprechend gesunken. Auch die Zinsen für Festhypotheken haben sich aufgrund der veränderten Zinserwartungen vergünstigt. Sinkende Zinsen wirken stimulierend auf die Bautätigkeit und sind daher positiv für das Baugewerbe. Allerdings zeigt sich dieser Effekt in den Auftragsbüchern der Bauunternehmen erst mit einer gewissen Verzögerung, da Bauprojekte eine längere Planungszeit erfordern.
Ostschweizer Bauwirtschaft spürt Zinseffekt noch nicht
Obwohl die makroökonomischen Rahmenbedingungen aufgrund der tiefen Zinsen grundsätzlich günstig sind, hat sich die Geschäftslage der Ostschweizer Bauunternehmen zuletzt auf hohem Niveau leicht eingetrübt. Der Auftragsbestand wird derzeit nur noch als neutral eingeschätzt. Dennoch reichen die bestehenden Aufträge aber durchschnittlich für fünf weitere Monate, was im langfristigen Vergleich einen soliden Wert darstellt. Innerhalb der Baubranche gibt es jedoch Unterschiede: Rund ein Drittel der Bauunternehmen leidet unter einer zu geringen Nachfrage, während ebenso viele Betriebe von einem Mangel an Arbeitskräften berichten. Die zurückhaltende Nachfrage hat den Arbeitskräftemangel zuletzt zwar leicht entschärft, Fachkräfte bleiben aber gesucht. Insgesamt präsentiert sich die Lage in der Ostschweizer Bauwirtschaft trotz zuletzt beobachteter Eintrübung weiterhin solide.
Hohe Unsicherheit über die künftige Geschäftstätigkeit
Die Ostschweizer Bauunternehmen erwarten trotz der tiefen Zinsen keinen raschen Anstieg der Bautätigkeit. Ein Blick auf die erteilten Baubewilligungen für neue Wohnungen bestätigt diese Einschätzung. Auch bei den Umbauten und Renovationen ist nicht mit einem starken Anstieg zu rechnen. Denn während der Pandemie wurde vermehrt ins eigene Zuhause investiert. Nachdem Russland in die Ukraine einmarschierte, lösten die gestiegenen Energiekosten ausserdem einen Boom bei den energetischen Sanierungen aus. Dadurch wurden teilweise auch später geplante Massnahmen vorgezogen. Zusätzlich führen die anhaltende wirtschaftliche Abkühlung sowie die unsichere geopolitische Lage dazu, dass viele Konsumentinnen und Konsumenten den Zeitpunkt für grössere Anschaffungen derzeit als ungünstig betrachten. Daher profitiert die Bauwirtschaft bisher nur beschränkt von den positiven makroökonomischen Rahmenbedingungen wie sinkenden Zinsen und tiefer Arbeitslosigkeit. Die Ostschweizer Bauunternehmen erwarten in den kommenden Monaten zwar eine leichte Verbesserung der Geschäftslage, die Unsicherheit über die künftige Entwicklung hat jedoch zuletzt zugenommen.
Herausgegriffen:
Bauteuerung hat sich normalisiert
Zuletzt sind die Preise im Schweizer Baugewerbe gegenüber dem Vorjahr nur noch um 0.5% gestiegen. Die grössten Preissteigerungen wurden im Strassenbau verzeichnet, wo die Kosten um 1.4 % gestiegen sind. Der Bau von Wohngebäuden sowie deren Renovation verteuerten sich nur noch geringfügig. Damit gehören die starken Preisanstiege der Vorjahre der Vergangenheit an. Aufgrund von Störungen in den globalen Lieferketten, der gesteigerten Nachfrage und höheren Energiepreisen haben sich die Baupreise in den Jahren 2021 bis 2023 stark verteuert. Auf dem Höhepunkt lag die Teuerung im Baugewerbe bei über 8% pro Jahr. Diese Entwicklung beeinträchtigte die Planungssicherheit, da die Kosten während der Planungsphase schwer abzuschätzen waren. Mittlerweile hat sich die Lage stabilisiert, sodass Bauprojekte wieder mit grösserer Sicherheit kalkuliert werden können. Allerdings sind Bauprojekte in der Schweiz heute über 15 % teurer als vor der Pandemie. Die effektiven Baukosten haben sich sogar noch stärker verteuert, werden aber teilweise durch die günstigeren Finanzierungsbedingungen kompensiert, die als Baunebenkosten ebenfalls berücksichtigt werden. Dennoch belastet die Kostensteigerung der vergangenen Jahre weiterhin die Rentabilität von Bauprojekten, auch wenn die Preise mittlerweile nicht mehr stark steigen.