10. März 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Whatever it takes

Am letzten Mittwoch hatte der Euro seinen zweiten «Whatever it takes»-Moment. In Anlehnung an den legendären Spruch von Mario Draghi präsentierte Friedrich Merz seine Pläne für die Aufrüstung der deutschen Armee und für einen Spezialfonds von 500 Mrd. Euro für Infrastruktur-Investitionen.

Im Fokus

Am letzten Mittwoch hatte der Euro seinen zweiten «Whatever it takes»-Moment. In Anlehnung an den legendären Spruch von Mario Draghi präsentierte Friedrich Merz seine Pläne für die Aufrüstung der deutschen Armee und für einen Spezialfonds von 500 Mrd. Euro für Infrastruktur-Investitionen. Gegenüber dem Franken schnellte der Kurs des Euro bis am Abend um fast drei Rappen auf über 96 Rappen nach oben. Die Bewegung wurde vor allem aus dem USD/EUR-Handel heraus ausgelöst. Gegenüber dem Dollar gewann der Euro vier Cents und stieg von 1.04 auf 1.08. An den Futures-Märkten waren die Spekulativen Anleger «Short Euro» positioniert und der eine oder andere musste wohl zu jedem Preis seine Verlustposition auflösen, als der Euro an Wert zulegte. Die Frage stellt sich, ob die deutschen Ausgabenpläne eine generelle Neueinschätzung des Euro zur Folge haben oder ob sich der Anstieg des Euro in Kürze wieder relativieren wird.

Notwendiges Signal für Deutschland

500 Mrd. Euro sind auch für ein grosses Land wie Deutschland eine respektable Summe und machen 13% des BIP aus. Natürlich wird das Geld nicht innerhalb eines Jahres ausgegeben, aber es ist ein starker fiskalpolitischer Impuls für die Wirtschaft. Die Schulden des deutschen Finanzministeriums betragen aktuell rund 2'700 Mrd. Euro. Mit der Finanzierung des Fonds durch zusätzliche Bundesanleihen steigt die Schuldenquote Deutschlands im Vergleich zum BIP von heute 64% auf 76%. Das ist zwar nicht schön, aber verkraftbar, sofern die zusätzlichen Ausgaben für die Rüstung anderweitig kompensiert werden. Fiskalpolitische Puristen werden hier anderer Meinung sein. Es ist auch klar, dass neu asphaltierte Autobahnen oder ein schnelleres Internet die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft wie die hohe Energieabhängigkeit oder den technologischen Rückstand der Autoindustrie nicht lösen werden. Aber es wäre ein positives und notwendiges Signal dafür, dass seitens der Politik der Ernst der Lage erkannt und akzeptiert wird. Bis die Bagger auffahren dauert es bei Infrastruktur-Programmen lange. Ein rascher Beschluss im Parlament und Pläne für erste Projekte können aber zu einem Stimmungsumschwung in der Wirtschaft führen, der den Konsum ankurbelt und die Investitionsbereitschaft der Unternehmen fördert.

Finanzdisziplin in der Eurozone erodiert weiter

Für den Euro dominieren trotz des Schubs einer besseren deutschen Konjunktur die negativen Auswirkungen. Andere Euroländer werden dem Vorbild Deutschlands folgen und auch mehr Schulden aufnehmen wollen. Von der EU kommen Signale, für die Aufrüstung in Europa die gemeinsame Schuldenaufnahme zu erleichtern. Was beim Wiederaufbaufonds nach Corona ging, wird auch für die Erhöhung der Wehrfähigkeit gehen, so die Meinung in Brüssel. Der starke Renditeanstieg von 0.40% bei den deutschen Bundesanleihen als Reaktion auf die Pläne von Merz hat gezeigt, dass die Investoren die Schulden der Euroländer nicht vergessen haben. Sollte Frankreich oder Italien ein ähnliches Programm auflegen, wird der Renditesprung bei deren Anleihen noch grösser sein. Die EZB wird unter Druck geraten, allenfalls zu reagieren, damit das Vertrauen in den Euro nicht zu stark leidet.

Euro wird wieder schwächer

Der Euro kann in den nächsten Wochen noch von den positiven Meldungen aus Deutschland profitieren, sofern der Infrastruktur-Fonds rasch beschlossen und umgesetzt wird. Danach werden wieder andere Themen die Schlagzeilen beherrschen. Gleichzeitig muss das Geld für den Fonds am Markt beschafft werden, was die Schuldenfrage immer wieder in den Vordergrund rückt. Wer gegenüber dem Euro exponiert ist, soll die Freude eines höheren Eurokurses noch geniessen. Die Zeit der Sorgen durch einen sinkenden Euro wird wieder kommen.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.52%, S&P500: +0.55%, Nasdaq: +0.70%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.94%, DAX: -1.75%, SMI: +0.36%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.40%, HangSeng: -1.62%, S&P/ASX 200: +0.18%

Die Zweifel nehmen zu, ob die Wirtschaftspolitik von Donald Trump mit den Strafzöllen, den Massenentlassungen von Bundesangestellten und dem Sperren von Bundesgeldern für die US-Wirtschaft gut ist. Der S&P 500 verlor letzte Woche 3.10%. Die europäischen Aktien stiegen 0.09%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 0.52% abschloss.

Nach einem starken Jahresauftakt hat die Dynamik an den Aktienmärkten nachgelassen. Die globalen Wachstumsaussichten bleiben intakt. Allerdings hält sich die Inflation in den USA hartnäckig hoch. Die US-Notenbank hat daher beschlossen, ihren Zinssenkungszyklus vorerst zu pausieren. Die Unterstützung für die Aktienmärkte von der Zinsseite lässt folglich nach. Zusätzlich sorgen wirtschaftspolitische Entscheidungen der US-Regierung immer wieder für Unsicherheit und erhöhte Kursschwankungen. Viele Investorinnen und Investoren sind im historischen Vergleich inzwischen sehr einseitig positioniert, was die Anfälligkeit auf einen Kursrückgang erhöht. Sich aus den Aktien zu verabschieden, ist nicht angebracht. Jedoch mehren sich die Anzeichen für eine gewisse Vorsicht.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.288%; DE: 2.836%; CH: 0.691%

Die Renditen bei den Schweizer Obligationen sind so stark gestiegen wie schon lange nicht mehr. Der Zinsanstieg in Deutschland als Folge der Schuldenpläne der neuen Regierung sind über die Grenze geschwappt. Das hat dazu geführt, dass die Erwartungen an die Zinsen der SNB nach oben korrigiert wurden. Negativzinsen sind kein Thema mehr.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8782
Euro in US-Dollar: 1.0843
Euro in Franken: 0.9523

Was der Euro zum Franken gewinnt, verliert der US-Dollar zum Franken. Handelsgewichtet ist das für den Franken und die Schweizer Wirtschaft als Ganzes ein Nullsummenspiel. Wie es weitergeht, werden die nächsten Wochen zeigen. Überraschungen können nicht ausgeschlossen werden, ja nachdem, was im Weissen Haus oder in Florida gerade in die Tasten getippt wird.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 66.69 pro Fass
Goldpreis: USD 2'912.00 pro Unze

Die USA erhöhen den Druck auf die Opec-Länder, die Produktion von Erdöl zu erhöhen und dadurch den Ölpreis zu senken. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die arabischen Länder nachgeben, um sich bei Trump einzuschmeicheln. Trump braucht einen tiefen Ölpreis, um den Inflationsschub in den USA durch seine Zölle über billigeres Benzin zu kompensieren.

Wirtschaft

USA: Non Farm Payrolls (Februar) letzte: 125’000; erwartet: 160’000; aktuell: 151’000
USA: Arbeitslosenrate (Februar) letzte: 4.0%; erwartet: 4.0%; aktuell: 4.1%

Der US-Arbeitsmarkt wird schwächer. Dabei sind die Auswirkungen der Entlassungen und Auszahlungsstopps in der Bundesverwaltung in den Zahlen, welche in der ersten Hälfte Februar ermittelt wurden, nur zum Teil eingeflossen. Daher sollte in den Arbeitsmarktbericht vom Februar nicht allzu viel hineininterpretiert werden. Die Fed wird ihn schnell ad acta legen.

Thomas Stucki

Portraitfoto von Thomas Stucki,  bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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