27. Januar 2025, Tägliche Marktsicht

Risikofaktor US-Inflation

Unter der erneuten Präsidentschaft von Donald Trump haben die Aktienmärkte eine positive erste Woche verzeichnet. Trotz gewohnter Strafzoll-Drohungen steigen die Kurse, getrieben von der Hoffnung auf eine Deregulierungspolitik.

Im Fokus

Die Aktienmärkte haben die erste Woche unter der neuerlichen Präsidentschaft von Donald Trump gut überstanden. Die Stimmung an den Börsen ist gut und die Kurse steigen. An die Strafzoll-Drohungen von Trump hat man sich gewöhnt. Die Hoffnungen auf einen positiven Effekt der Deregulierungsideen sind gross. Die Risiken werden wieder einmal ausgeblendet. Auf unserem Risikoradar, welcher politische und vor allem wirtschaftliche Risiken umfasst, hat ein Risikoelement aber an Bedeutung gewonnen: Hohe Zinsen in den USA. Dabei geht es nicht nur um mögliche Zinserhöhungen der Fed. Die Renditemarke von 5% für den 10-jährigen US-Treasury wird als Belastungstest für die Aktien gesehen, insbesondere da aufgrund der hohen Bewertung der US-Aktien deren Risikoprämie gegenüber Obligationen verschwunden ist. Dazu kommt die Belastung der Unternehmen und der Haushalte durch die hohen Zinsen. Eine neue Hypothek muss in den USA immer noch zu einem Zins von 7% abgeschlossen werden. Für viele Haushalte bedeutet das, dass sie sich keinen Hauswechsel leisten können und an ihrem aktuellen Wohnort gefangen sind. Ein zentrales Element für die Entwicklung der US-Zinsen ist die Inflation in den USA.

Dienstleistungen bestimmen die Inflationsrate

Die Inflationsrate ist im Dezember auf 2.9% gestiegen. Die Teuerung wird fast ausschliesslich von Preiserhöhungen bei den Dienstleistungen bestimmt. Waren und Güter werden dagegen nur marginal teurer. Auch die Energiepreise haben momentan keinen grossen Einfluss auf die Teuerung mehr. Der Inflationsdruck aus dem Dienstleistungssektor hat positive und negative Implikationen. Dass die Dienstleistungen teurer werden, zeigt, dass die Löhne und damit die Einkommen der Haushalte steigen und dass die Nachfrage nach Dienstleistungen anhaltend hoch ist. Die Preisentwicklung in diesem Sektor ist träge. Entsprechend unwahrscheinlich ist es, dass der Inflationsdruck rasch geringer wird. Demgegenüber ist es ebenso unwahrscheinlich, dass es bei den Dienstleitungen zu einem starken Preisschub kommt, der die Inflationsrate auf 4% oder 5% steigen lässt. Ein solcher müsste schon von den Energiepreisen kommen. Solange der Ölpreis auf dem heutigen Niveau bleibt, werden die Energiepreise im ersten Halbjahr aber inflationsdämpfend wirken.

Langfristige Inflationserwartungen gut verankert

Wichtiger als die publizierte Inflationsrate sind die langfristigen Inflationserwartungen. Ein guter Indikator dafür ist die «Sticky Inflation», die die Fed in Atlanta berechnet. Sie unterteilt den Güterkorb in eine «Sticky Inflation» und eine «Flexible Inflation».  Die Flexible Inflation umfasst Produkte und Dienstleistungen, deren Preise häufig angepasst werden. Diese ist im zweiten Halbjahr 2024 stetig gestiegen und liegt aktuell bei 6.6%. Von ihrem Naturell her schwankt sie jedoch stark und kann auch schnell wieder in den negativen Bereich fallen. Die Sticky Inflation umfasst Produkte und Dienstleistungen, deren Preise nur selten angepasst werden und für eine längere Dauer gelten. Bei der Festlegung der neuen Preise ist die Erwartung für die zukünftigen Lohnerhöhungen und Kostensteigerungen deshalb ein wichtiger Faktor. Die Sticky Inflation ist in den letzten Monaten gefallen und liegt bei 2.9%. Das scheint immer noch hoch zu sein, dürfte den Fed-Vertretern aber keine schlaflosen Nächte bereiten. Vor der Corona-Pandemie bewegte sich die Sticky Inflation in einem Band zwischen 2% und 3%.

Kein Inflationsschub erwartet

Die Inflation in den USA wird nicht auf den Zielwert der Fed von 2% fallen. Einen starken Inflationsschub erwarten wir aber auch nicht. Die von Trump in den Raum gestellten Strafzölle werden sich nicht so schnell in höheren Inflationsraten auswirken. Zum einen müssen sie zuerst implementiert werden. Zudem dauert es eine Zeit, bis die Lager mit den noch ohne Zoll bezogenen Waren aufgebraucht sind. Diese wurden vor dem Wechsel der Regierung noch einmal aufgefüllt. Für die Fed bedeutet das, dass sie zunächst abwarten kann, was politisch und wirtschaftlich passiert. Die Zinsen in den USA sind aber hoch, gerade bei den Hypotheken, weshalb die Fed diese nach Möglichkeit noch etwas nach unten nehmen wird. Wir erwarten ab dem zweiten Halbjahr daher noch drei Zinssenkungen der Fed, wobei sie sich mit den einzelnen Zinsschritten Zeit lassen wird.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.32%, S&P500: -0.29%, Nasdaq: -0.50%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.04%, DAX: -0.08%, SMI: +0.18%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: -1.00%, HangSeng: +0.86%, S&P/ASX 200: geschlossen

Man könnte meinen, die von Donald Trump angedrohten oder gestrichenen Strafzölle wären das Einzige, was für die Weltwirtschaft von Bedeutung ist. Je nachdem, was er diesbezüglich sagt und wem er gerade Zölle androht oder diese vergessen hat, steigen oder fallen die Aktienkurse. Dabei haben wahrscheinlich die meisten, die Autoren dieses Berichts eingeschlossen, den Überblick längst verloren. Der S&P 500 legte letzte Woche 1.74% zu. Die europäischen Aktien stiegen 1.38%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 2.42% abschloss.

Das Jahr ist zwar noch jung aber der Start an den Aktienmärkten ist geglückt. Insbesondere die Indizes in den Industrieländern verzeichneten Kurssteigerungen. Die Entwicklung verlief allerdings holprig und war von erhöhter Volatilität geprägt. Der Jahresstart ist ein Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung in den kommenden Monaten. Die Unsicherheit ist insbesondere hinsichtlich der wirtschaftspolitischen Fragestellungen gestiegen und die Volatilität wird dadurch höher ausfallen als noch im Jahr 2024. Die Inflation ist hartnäckig und das Zinsniveau in den USA wird länger hoch bleiben. Gleichzeitig sind die Bewertungen und die Erwartungen an US-Aktien sehr hoch, was sich mittlerweile in einer einseitigen Positionierung vieler Investoren zeigt. Zudem hat der US-Dollar deutlich zugelegt. Das ergibt Möglichkeiten für die Schweizer Aktien. In einem Umfeld mit gestiegener Unsicherheit kommt die defensivere Ausrichtung des Schweizer Marktes wieder besser zum Tragen.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.585%; DE: 2.569%; CH: 0.488%

An den Kapitalmärkten war es letzte Woche ruhig. Die Veränderung bei den Renditen der Obligationen hielt sich im Vergleich zu den Vorwochen in einem engen Rahmen. Für einmal war die Bewegung in der Schweiz am grössten. Die Franken-Zinsen stiegen um rund 0.10% an.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9070
Euro in US-Dollar: 1.0460
Euro in Franken: 0.9487

Der Euro ist gesucht und gewinnt sowohl zum US-Dollar als auch zum Franken an Wert. Zum Franken ist er auf den höchsten Wert seit dem letzten Sommer gestiegen. Was der Grund für die Euro-Phantasie ist, ist uns nicht bekannt und liegt auch nicht offensichtlich auf der Hand.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 74.02 pro Fass
Goldpreis: USD 2'752.18 pro Unze

Der Goldpreis profitiert vom schwächeren US-Dollar und nähert sich seinem Höchststand vom letzten Oktober. Die erste Woche der neuen US-Regierung hat gezeigt, dass das Einzige ist, was sicher ist, dass alles unsicher ist. Das ist ein gutes Umfeld für das Gold als stabilen Anker in unsicheren Zeiten.

Wirtschaft

Deutschland: Einkaufsmanagerindex PMI Industrie (Januar)
letzter: 42.5; erwartet: 42.7; aktuell: 44.1

Hoffnungsschimmer in der deutschen Industrie. Der vorausschauende Einkaufsmanagerindex für die Industrie ist im Januar leicht gestiegen. Er liegt mit 44.1 Punkten aber immer noch deutlich im schrumpfenden Bereich. Ob der bessere Wert eine Trendwende bedeutet, muss sich erst noch zeigen.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Ihr nächster Schritt

Möchten Sie unsere Research-Berichte als Newsletter erhalten? Abonnieren Sie die Themen-Newsletter unseres Investment Centers oder verschaffen Sie sich mit unserem kompakten Anlagemagazin /sicht einen Gesamtüberblick.