11. November 2024, Tägliche Marktsicht

Ökonomische Gesetze sind stärker als Donald Trump

Nach den Wahlen in den USA stellen sich die Anlegerinnen und Anleger die Frage, wie sich die zu erwartende Wirtschaftspolitik von Donald Trump auf die verschiedenen Anlagesegmente auswirken wird.

Im Fokus

Nach den Wahlen in den USA stellen sich die Anlegerinnen und Anleger die Frage, wie sich die zu erwartende Wirtschaftspolitik von Donald Trump auf die verschiedenen Anlagesegmente auswirken wird. Viel Neues hat er im Vergleich zu seiner ersten Amtszeit nicht zu bieten. Sein Wirtschaftsprogramm besteht im Wesentlichen aus Steuersenkungen für die Firmen und die Reichen, aus der Rückabwicklung der von den Demokaraten erlassenen Regulierungen und aus dem Erlassen von Strafzöllen auf Importen in die USA. Der US-Aktienmarkt reagierte positiv, während die Aktienkurse in Europa unter der Angst vor einem Handelskrieg litten. Die Renditen der Obligationen stiegen, weil durch die Strafzölle ein Anstieg der Inflation befürchtet wird und weil durch die Steuersenkungen die US-Schulden steigen. Da die Fed auf die höhere Inflationsgefahr mit einer weniger expansiven bis hin zu einer restriktiven Geldpolitik reagieren könnte, erhielt det US-Dollar Rückenwind. Erfahrungsgemäss laufen die ersten Reaktionen an den Finanzmärkten jedoch rasch aus und die Marktteilnehmer warten auf die effektiven Veränderungen. Einzig der Bitcoin hat die Honeymoon-Phase noch nicht verlassen. Zu gross ist die Freude, dass das grosse US-Treasury im kleinen Bitcoin-Markt wie von Trump versprochen seine Gelder platzieren könnte.

Um abzuschätzen, was die wirtschaftlichen Auswirkungen der Trumpschen Versprechen sein könnten, lohnt sich sein Blick zurück in die Jahre 2017 bis 2019. Das letzte Jahr der ersten Amtszeit von Trump ist nicht repräsentativ, da es von der Corona-Pandemie dominiert wurde. Die Fed hat den bereits zuvor begonnenen Zyklus von Zinserhöhungen bis Anfang 2019 fortgesetzt und den Leitzins von 0.625% auf 2.375% angehoben. Sie hat damit auf eine gut laufende Wirtschaft und eine sinkende Arbeitslosenrate reagiert. Nachdem im Zuge eines starken Rückgangs des Ölpreises die Konkurse im Energiesektor drastisch zugenommen hatten und die Kreditrisikoprämien der Unternehmensanleihen in die Höhe schossen, hat die Fed die Zinsen in der zweiten Hälfte 2019 wieder auf 1.625% gesenkt. Die Kapitalmarktzinsen haben in dieser Phase die klassischen Bewegungen hingelegt. Die Renditen langfristiger Obligationen sind im Zuge der Leitzinserhöhungen gestiegen. Als die Fed den Erhöhungszyklus beendet hatte, haben sie den erwarteten Wechsel in der Geldpolitik vorweggenommen und sind wieder gefallen. Die Fed wird auch in der zweiten Amtszeit von Trump ihre Zinspolitik eigenständig betreiben, zumindest bis 2026, wenn die Amtszeit von Jerome Powell ausläuft.

Die Inflationsrate hatte auf die von Trump erlassenen Strafzölle kaum reagiert. Sie schwankte zwischen 2% und 3% hin und her, wobei der Ölpreis der wichtigste Treiber war. Die Angst vor einer steigenden Inflationsrate durch die Strafzölle ist übertrieben. Sollte die US-Wirtschaft durch die Handelshemmnisse leiden, ist eher mit sinkenden Inflationsraten rechnen, da die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen abnimmt. In diesem Szenario ist auch mit einem sinkenden Ölpreis zu rechnen. Die Schulden der USA werden weiter steigen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen aber, dass der Schuldenstand auf die Zinsen nur bedingt einen Einfluss hat, solange der US-Dollar die dominierende Währung bleibt. Der Dollar wird seinen Status auch durch eine konfrontative Handels- und Machtpolitik von Trump nicht verlieren, allerdings könnte er an Vertrauen und damit an Wert einbüssen.

Für die Aktienmärkte ist der Verlauf der Wirtschaft entscheidend. Im nächsten Jahr wird die Konjunktur von einer expansiven Steuerpolitik profitieren. Die bremsenden Effekte der Handelszölle werden sich erst mit einer Verzögerung bemerkbar machen. Die Erfahrungen aus der ersten Amtszeit Trumps mit den Farmern lassen auch diesmal erwarten, dass er mit Steuergeld negative Effekte auf seine Wählerschaft kompensieren will.

Zusammengefasst gehen wir davon aus, dass die neue Regierung ihre wirtschaftspolitischen Entscheide in Steuer- und Zollfragen medial gross in Szene setzen wird. Das gleiche gilt für die Deportation von Migranten. Die US-Wirtschaft ist aber ein träger Supertanker und die Auswirkungen von politischen Massnahmen erfolgen mit einer langen Verzögerung. Zudem werden sie von Gegenmassnahmen der Unternehmen und Konsumenten teilweise entschärft. Die ökonomischen Gesetzmässigkeiten werden auch von Trump nicht ausgehebelt werden. Deshalb lohnt es sich für die Anlegerinnen und Anleger nicht, schon jetzt darüber zu spekulieren, was in den nächsten vier Jahren alles passieren wird.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.59%, S&P500: +0.38%, Nasdaq: +0.09%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -1.01%, DAX: -0.76%, SMI: -1.00%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: +0.06%, HangSeng: -1.75%, S&P/ASX 200: -0.35%

Der Sieg von Donald Trump und den Republikanern bei den US-Wahlen wurde an den Aktienmärkten unterschiedlich beurteilt. Während in den USA von einem Wirtschaftsboom ohne regulierende Schranken und von tieferen Steuern geträumt wird, überwiegen in Europa die Befürchtungen vor den angedrohten Strafzöllen. Der S&P 500 legte letzte Woche 4.66% zu. Die europäischen Aktien verloren 1.54%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 1.25% abschloss.

Die Dynamik der Weltwirtschaft kühlt sich schrittweise ab und die Inflationsraten nähern sich wieder den Zielbereichen der Zentralbanken. Dies schafft Spielraum für weitere Zinssenkungen, die mit einer gewissen Verzögerung positiv auf die wirtschaftliche Entwicklung wirken werden. Insbesondere die US-Wirtschaft zeigt sich trotz einer Abkühlung weiterhin robust. Aktuell sehen wir ein geringes Risiko einer Rezession in den USA. Trotz geopolitischer Risiken, wie etwa im Nahen Osten, erweisen sich die Aktienmärkte als widerstandsfähig. Die Nervosität der Anleger hat merklich nachgelassen und Rückschläge werden primär als Kaufgelegenheiten betrachtet. Die stabile wirtschaftliche Entwicklung, die Aussicht auf weitere geldpolitische Unterstützung und die Widerstandsfähigkeit der Märkte sprechen für die Aktien.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.304%; DE: 2.367%; CH: 0.406%

Die Zinssenkung der Fed hat auf die Renditen an den Kapitalmärkten nur einen geringen Einfluss gehabt. Die Senkung der Leitzinsen um 0.25% wurde von den Märkten erwartet. Bezüglich dem weiteren Zinspfad liessen die Fed und Jerome Powell nichts verlauten, was eine Anpassung der Erwartungen auslöste.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8769
Euro in US-Dollar: 1.0716
Euro in Franken: 0.9397

Der US-Dollar profitierte von der Wahl Trumps. Der Effekt ist aber relativ rasch vorbei gewesen. Der Leidtragende war der Euro, der sowohl zum Greenback als auch zum Franken an Wert einbüsste. Das Ende der Ampel-Koalition in Deutschland hat dazu nur wenig beigetragen.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 70.02 pro Fass
Goldpreis: USD 2'670.55 pro Unze

Die Stärke des US-Dollars hat dem Goldpreis zugesetzt. Diese Verbindung, die in den letzten Monaten scheinbar ihre Gültigkeit verloren hatte, scheint ein Comeback zu geben. Nach dem unaufhaltsamen Steigerungslauf des Goldpreises war eine grössere Korrektur überfällig.

Wirtschaft

USA: U. Michigan (November) letztes: 70.5; erwartet: 71.0; aktuell: 73.0

Die Stimmung bei den US-Konsumenten ist auf den höchsten Stand seit sieben Monaten gestiegen. Die Umfrage wurde noch vor den Wahlen gemacht. Die Erwartung, dass die Preise in den nächsten Monaten weniger stark steigen werden, war der Haupttreiber hinter der Verbesserung der Stimmung.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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