24. März 2025, Meine Anlagewelt | Tägliche Marktsicht

Muss man den Euro nun haben?

Der Euro hat positiv auf die Infrastrukturpläne von Friedrich Merz und die Rüstungsoffensive der EU reagiert. Dass das Ganze erst auf dem Papier steht und mit zusätzlichen Schulden finanziert wird, interessiert nicht. Vielmehr werden die wirtschaftlichen Impulse dieses fiskalpolitischen Tsunamis in den Vordergrund gerückt.

Im Fokus

Der Euro hat positiv auf die Infrastrukturpläne von Friedrich Merz und die Rüstungsoffensive der EU reagiert. Dass das Ganze erst auf dem Papier steht und mit zusätzlichen Schulden finanziert wird, interessiert nicht. Vielmehr werden die wirtschaftlichen Impulse dieses fiskalpolitischen Tsunamis in den Vordergrund gerückt. Der Euro stieg zum Franken von 94 auf 96 Rappen. Gegenüber dem US-Dollar war der Kursanstieg der Einheitswährung mit fast 6% noch eindrücklicher. Die schnelle Bewegung hatte auch mit einem «Short Covering» von Investoren zu tun, die vom Euro-Schub auf dem falschen Fuss erwischt wurden. Die zu erwartende Gegenbewegung hielt sich danach aber in Grenzen. Der Euro hält sich wacker.

Kurzfristig hat der Euro seine Argumente

Der Euro ist attraktiver geworden. Die Ausgabenprogramme in Deutschland können die wirtschaftliche Stimmung im wichtigsten Euroland verbessern. Das zeigt sich am ZEW-Index. Die aktuelle Situation wird immer noch schlecht beurteilt. Die Erwartungen für die Zukunft haben aber deutlich ins Positive gedreht. Damit sind noch keine Investitionen getätigt worden. Die Wirkung eines positiven Stimmungsumschwungs darf jedoch nicht unterschätzt werden. Daneben gibt es auch handfestere Argumente für einen stärkeren Euro. Dazu gehören die höheren Renditen bei den Obligationen. In den meisten Euroländern ist die Rendite der 10-jährungen Staatsanleihe um rund 0.60% gestiegen. Renditen zwischen 2.80% in Deutschland und 3.80% für italienische Anleihen bieten eine positive Realrendite und sind nicht mehr viel tiefer als bei US-Dollar-Obligationen. Der fiskalpolitische Schub gibt der EZB zudem ein gutes Argument, ihren Zinssenkungszyklus in naher Zukunft zu beenden.

Euro-Anleihen als Alternative zu US-Treasuries

Die Schulden der Euroländer werden zunehmen. Die 800 Mrd. Euro für die Rüstung und die 500 Mrd. Euro für die deutsche Infrastruktur sind kein Klacks. Zudem werden sich andere Euroländer sagen, was die Deutschen können, können wir auch. In der Wahrnehmung ist es aber eher positiv, dass sich alle zusätzlich verschulden. Das Programm der EU wird in der Öffentlichkeit als gemeinsame Schuldenaufnahme wahrgenommen, obschon das effektiv nur für einen kleineren Teil des Rüstungsprogramms gilt. Die Finanzmärkte zeigen nicht mit dem Warnfinger auf ein einzelnes Land, wie das während der Eurokrise mit Griechenland und Italien der Fall war. Die zusätzlichen Anleihen werden dazu führen, dass der Markt für Euro-Staatsanleihen noch liquider wird. Gerade die gemeinschaftlich gesicherten Anleihen der EU dürften für grosse staatliche Investoren oder für die Devisenreserven von Zentralbanken attraktiv sein. Sollten die von den Amerikanern im Rahmen des Mar-a-Lago Accord-Papiers in den Raum gestellten Strafgebühren für das Halten von US-Treasuries weiter kursieren oder gar konkreter werden, dürften die Umschichtungen in die einzige Alternative mit genügend Liquidität zunehmen.

Konstruktionsmängel bleiben bestehen

Bei allen Argumenten für eine Eurostärke dürfen die grundlegenden Probleme und Konstruktionsmängel der Eurozone nicht vergessen werden. Die strukturellen Defizite der deutschen Wirtschaft wie die hohe Energieabhängigkeit, der technologische Rückstand der Autoindustrie oder die erstickende Überregulierung werden nicht so schnell verschwinden. Steigende Schulden haben es an sich, dass nach dem positiven Impuls die höheren Zinszahlungen und die anstehenden Refinanzierungen verbleiben. Frankreich kann sich nun als Retter Europas inszenieren, bleibt aber reformunfähig und politisch schwer angeschlagen. Die fehlende finanzpolitische Disziplin der Euroländer wird momentan vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen akzeptiert, wird aber spätestens bei der nächsten wirtschaftlichen Schwächephase wieder zum Thema. Dazu kommt, dass der Euro immer noch, und in Zukunft wahrscheinlich noch stärker, am Rettungsring der EZB hängt. Die mittelfristigen Aussichten für den Euro sind nicht besser geworden, im Gegenteil. Deshalb bleiben wir bei unserer Aussage, dass ein Eurokurs von 90 Rappen nicht eine Frage des «ob», sondern des «wann» ist. Wahrscheinlich geht es aufgrund der aktuellen Entwicklungen einfach etwas länger.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.08%, S&P500: +0.08%, Nasdaq: +0.52%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: -0.50%, DAX: -0.47%, SMI: -0.17%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.01%, HangSeng: -0.02%, S&P/ASX 200: +0.07%

Die Aktienmärkte haben sich gefangen. Die beruhigenden Aussagen von Fed-Präsident Jerome Powell zur US-Inflation haben geholfen. Zudem wurden keine neuen Zollpläne von Donald Trump bekannt. Der S&P 500 legte letzte Woche 0.52% zu. Die europäischen Aktien stiegen 0.36%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.16% abschloss.

In den letzten Wochen hat die Stimmung an den Aktienmärkten spürbar nachgelassen. Zwar bleibt die globale Wirtschaftslage solide, doch die Unsicherheiten über die weitere Konjunkturentwicklung haben deutlich zugenommen. Hauptverantwortlich ist die erratische Wirtschafts- und Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump, die insbesondere die amerikanischen Aktien belastet. In Europa sorgen hingegen die Ankündigungen von milliardenschweren Programmen zur Stärkung der Verteidigung und der Infrastruktur in Deutschland für Kursavancen. In der grössten EU-Volkswirtschaft werden die Staatsausgaben deutlich ansteigen. Dies bietet Chancen für eine dringend benötigte wirtschaftliche Belebung in Deutschland und Europa, einschliesslich der Schweiz. Davon profitieren auch die Aktienmärkte. Das unsichere Umfeld spricht für Schweizer Titel mit ihren defensiveren Eigenschaften. In den USA bieten die Kursrückgänge wieder selektive Kaufgelegenheiten, vor allem bei den Tech-Titeln.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.281%; DE: 2.765%; CH: 0.714%

Die Angst vor einer steigenden Inflation aufgrund der Zölle von Trump hat sich etwas gelegt. Prompt haben die Kapitalmärkte mit sinkenden Renditen bei den Obligationen reagiert. Die Zinssenkung der SNB hat dagegen keinen Einfluss auf die Renditen der Franken-Anleihen gehabt. Der Zinsschritt der SNB wurde so erwartet.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.8839
Euro in US-Dollar: 1.0825
Euro in Franken: 0.9568

Die mangelnden Impulse und Neuigkeiten haben am Devisenmarkt zu einer Beruhigung geführt. Die Kursbewegungen hielten sich in den letzten Tagen in engen Grenzen. Die Ausnahme war die Türkische Lira, die nach der Verhaftung des Bürgermeisters von Istanbul Ekrem Imamoglu den bereits vorher herrschenden Abwärtstrend beschleunigte. Seit Anfang Jahr wurde die Lira zum Franken 10% billiger.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 68.12 pro Fass
Goldpreis: USD 3'021.54 pro Unze

Der Kupferpreis hat seit Anfang Jahr 13% zugelegt. Dies hat weniger mit einer überbordenden Weltwirtschaft zu tun, als mit zusätzlichen Käufen, um die Lager vor allfälligen Zöllen der Amerikaner zu füllen.

Wirtschaft

Bei den Konjunkturdaten herrscht die übliche Mitte-Monat-Flaute. Diese Woche nehmen die Veröffentlichungen aber wieder zu. Interessant werden morgen Dienstag die IFO-Geschäftsklimazahlen aus Deutschland sein. Dann wird sich zeigen, ob die geplanten Ausgabenprogramme von Friedrich Merz die Erwartungen der Unternehmen positiv beeinflussen, was zu zusätzlichen Investitionen führen kann.

Thomas Stucki

Portraitfoto von Thomas Stucki,  bei der St.Galler Kantonalbank
Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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