16. Dezember 2024, Tägliche Marktsicht
Frankreich steht nicht vor dem Konkurs
Wenn man die Schlagzeilen in den Finanzmedien während den letzten Wochen verfolgt hat, werden in Paris nächstens die Lichter ausgeschaltet. Der Sturz der Minderheitsregierung von Premierminister Barnier wegen des geplanten Sparbudgets hat die Schulden des Landes in das Scheinwerferlicht der Finanzmärkte gestellt.
Im Fokus
Wenn man die Schlagzeilen in den Finanzmedien und den Börseninformations-Tools während den letzten Wochen verfolgt hat, werden in Paris nächstens die Lichter ausgeschaltet. Der Sturz der Minderheitsregierung von Premierminister Barnier wegen des geplanten Sparbudgets hat die Schulden des Landes in der Höhe von 2'450 Mrd. Euro in das Scheinwerferlicht der Finanzmärkte gestellt. Der Risikoaufschlag der französischen Staatsanleihen gegenüber Deutschland ist auf 0.80% gestiegen, eine Verdoppelung im Vergleich zum üblichen Aufschlag der letzten Jahre. Als besonderes Damoklesschwert wird aufgeführt, dass der Aufschlag griechischer Anleihen gegenüber den deutschen Obligationen sogar etwas tiefer ist als derjenige der Trikolore. Dabei ist das vor allem ein Lob für die Griechen, die das Vertrauen der Anlegerinnen und Anleger wieder gewinnen konnten. Vor fünf Jahren mussten sie noch 3.50% mehr bezahlen als der deutsche Finanzminister.
Schuldenspirale dreht sich
Dass das Finanzgebaren der französischen Politiker ein Problem ist, ist unbestritten. Das Budgetdefizit des Landes betrug im letzten Jahr 5.5% der Wirtschaftsleistung und war damit doppelt so hoch wie es die Maastricht-Kriterien für eine stabile Finanzpolitik in der Eurozone eigentlich zulassen würden. In diesem und mit grosser Sicherheit auch im nächsten Jahr wird das Ergebnis nicht besser ausfallen. Die Politiker auf der linken und der rechten Seite der faktisch inexistenten Mitte wollen das Geld mit vollen Händen ausgeben, um ihre Klientel bei der Stange zu halten. Die Bevölkerung ist reformunfähig, dafür umso demonstrations- und streikfreudiger. Der Schuldenberg des Landes, der aktuell 112% des BIP beträgt, wird weiter ansteigen. Irgendwann, am besten möglichst rasch, wird wieder mehr finanzielle Disziplin nötig sein, sonst werden die Schulden Frankreichs effektiv zu einem schweren Problem.
Finanzierung der Schulden nicht in Gefahr
Die Finanzierung der Schulden ist jedoch nicht in Gefahr. Der Zinsaufwand für die ausstehende Staatsschuld beträgt in Frankreich gemäss Angaben der OECD 2.3% des BIP. Gemessen an den Zinsaufwendungen Italiens von 3.8% oder denjenigen der USA von 4.5% des BIP ist das verkraftbar. Die Rendite einer 10-jährigen französischen Staatsanleihe liegt trotz des Risikoaufschlags lediglich bei 3.00%. Der durchschnittliche bezahlte Zinscoupon auf den aktuell ausstehenden Anleihen beträgt nur 1.69%. In den nächsten Jahren werden auch in der Eurozone die Zinsen tief bleiben. Dass Frankreich ernsthaft in einen finanziellen Engpass gerät, analog zu Italien und Griechenland während der Eurokrise, ist unwahrscheinlich.
Problem für die Eurozone
Dass die Diskussion um die Schulden Frankreichs so intensiv geführt wird, sagt mehr über den Euro und die Eurozone aus als über Frankreich. Bezeichnend ist, dass es nicht um einen möglichen Zahlungsausfall Frankreichs geht. Vielmehr steht im Raum, wann die EZB beginnen wird, französische Anleihen im grossen Stil aufzukaufen, um die Finanzmärkte zu besänftigen. Mario Draghi hat mit seinem «whatever it takes» den Euro kurzfristig gerettet, aber langfristig zu einem instabilen Gebilde werden lassen. Die Euroländer sehen sich nicht genötigt, ihre Finanzen im Lot zu halten. Die Investoren gehen davon aus, dass die EZB sie vor Verlusten schützt. In dieser Haltung wurden sie in den letzten Jahren durch das Verhalten der EZB immer wieder bestärkt. Sollten an diesem Muster Zweifel aufkommen, werden die Finanzmärkte den Euro jedoch fallen lassen und die Finanzierung der Schulden der Euroländer wird wirklich zu einem existenziellen Problem.
Aktienmärkte
US-Aktienmärkte
Dow Jones: -0.20%, S&P500: +0.00%, Nasdaq: +0.12%
Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.05%, DAX: -0.10%, SMI: -0.18%
Asiatische Märkte
Nikkei 225: -0.18%, HangSeng: -0.72%, S&P/ASX 200: -0.56%
An den Aktienmärkten wird es ruhiger. Das nahende Jahresende ist spürbar. Diese Woche kann der Zinsentschied der Fed die Börsianer noch einmal wecken. Der S&P 500 verlor letzte Woche 0.64%. Die europäischen Aktien sanken 0.20%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Minus von 0.71% abschloss.
Die Konjunkturdaten aus den USA fallen weiterhin positiv aus, was die robuste Lage der US-Wirtschaft unterstreicht. In Europa zeigt sich hingegen ein gemischtes Bild. Besonders der Industriesektor bleibt schwach und eine Trendwende ist nicht in Sicht. Während Länder wie Spanien solide wachsen, kommt Deutschland kaum vom Fleck. Ein Lichtblick ist die tiefere Inflation, welche den Notenbanken Spielraum für weitere Zinssenkungen eröffnet. Diese dürften mittelfristig die Konjunktur stützen. Um vom Wachstum der Wirtschaft zu profitieren, sind Aktien die bevorzugte Anlageklasse. Die wirtschafts- und handelspolitischen Pläne von Donald Trump sind noch wenig konkret, aber eines ist klar: Sein Fokus liegt auf den Interessen der USA. Die Aussichten auf Steuersenkungen und Deregulierungen wirken als positive Impulse, wovon vor allem die amerikanischen Aktien profitieren.
Kapitalmärkte
Renditen 10 J: USA: 4.379%; DE: 2.257%; CH: 0.287%
Die Renditen der Franken-Obligationen haben auf die überraschend starke Zinssenkung der SNB nur wenig reagiert. Sie haben bereits einen grossen Teil der erwarteten weiteren Zinssenkungen der SNB vorweggenommen. Stärker beachtet wurde die Aussage von SNB-Präsident Schlegel, dass die SNB keine Negativzinsen wünsche.
Währungen
US-Dollar in Franken: 0.8905
Euro in US-Dollar: 1.0521
Euro in Franken: 0.9369
Nach dem Zinsentscheid der SNB ist der Franken mit einer gewissen Verzögerung sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar schwächer geworden. Gegenüber beiden hat er jeweils rund einen Rappen an Wert verloren. Wie lange dies anhält, ist eine andere Frage.
Rohstoffmärkte
Ölpreis WTI: USD 70.87 pro Fass
Goldpreis: USD 2'652.85 pro Unze
Die Aussicht auf zusätzliche Sanktionen westlicher Staaten gegen die Ölförderländer Russland und Iran hat den Ölpreis um rund 3 US-Dollar pro Fass steigen lassen. Mittelfristig ist dagegen die Nachfrage nach Öl wichtiger. Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in China und vielen europäischen Ländern wird den Ölpreis eher dämpfen.
Wirtschaft
Nach den Zinssenkungen der SNB und der EZB ist vor dem Zinsentscheid der Fed. Am nächsten Mittwoch wird diese ihren Zinsentscheid fällen. Nachdem die Inflationsrate für den November im Rahmen der Erwartungen ausgefallen ist, geht man auch in den USA von einem tieferen Leitzins aus. Mehr als 0.25% wird die Zinssenkung aber nicht betragen.
Thomas Stucki
8021 Zürich
Ihr nächster Schritt
Möchten Sie unsere Research-Berichte als Newsletter erhalten? Abonnieren Sie die Themen-Newsletter unseres Investment Centers oder verschaffen Sie sich mit unserem kompakten Anlagemagazin /sicht einen Gesamtüberblick.