13. Dezember 2024, Tägliche Marktsicht

Deutliche Zinssenkung der SNB

Mit einem aussergewöhnlich deutlichen Zinsschritt hat die Schweizerische Nationalbank gestern die Aufmerksamkeit der Finanzmärkte auf sich gezogen.

Im Fokus

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat ihren Leitzins gestern um aussergewöhnlich hohe 50 Basispunkte auf 0.50% gesenkt. Der neue SNB-Präsident Martin Schlegel begründete dies in erster Linie mit dem zugrundeliegenden Inflationsdruck, der in den letzten Monaten noch einmal deutlich abgenommen hat. Tatsächlich lag die jährliche Inflationsrate im November nur noch bei 0.7% und tendiert weiter nach unten.

Trotz dieses neuerlichen Zinsschritts liegt die bedingte Inflationsprognose der SNB kurzfristig erneut unter der Prognose von September. Neben dem ungebrochen starken Franken ist dies vor allem auf die tiefer als erwartet ausgefallene Teuerung der Erdölprodukte und Nahrungsmittel zurückzuführen. Mittelfristig liegt die Inflationsprognose als Folge des gestrigen Zinsschritts jedoch wieder leicht höher und damit für den gesamten Prognosezeitraum innerhalb des angestrebten Preisstabilitätsbereichs von 0% - 2%. Die Unsicherheit bezüglich der Inflationsentwicklung bleibt jedoch hoch und insbesondere die Entwicklung des Schweizer Frankens spielt eine zentrale Rolle.

Auswirkungen auf unsere Zinsprognosen

Aufgrund der grösser als erwartet ausgefallenen Zinssenkung der SNB haben wir unsere Zinsprognosen für die Schweiz entsprechend angepasst. Die Schweizerische Nationalbank unterstreicht mit diesem Schritt, dass Zinssenkungen derzeit ihr Hauptinstrument zur Bekämpfung des starken Schweizer Frankens sind, während Deviseninterventionen lediglich ergänzend eingesetzt werden. Wir erwarten deshalb im März und Juni jeweils eine weitere Leitzinssenkung um 0.25%. Obwohl Negativzinsen vom Direktorium der Schweizerischen Nationalbank nicht ausgeschlossen werden, gehen wir nicht davon aus, dass dieser Schritt erforderlich sein wird.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: +0.29%, SPI: +0.14%, SMIM: -0.20%

Der Schweizer Aktienmarkt reagierte auf die überraschend höher ausgefallene Leitzinssenkung kurzzeitig mit etwas stärkeren Kursgewinnen. Im Tagesverlauf ebbten diese aber wieder ab. Der Schweizer Leitindex SMI schloss letztlich 0.3% höher. Von den 20 Blue Chips im SMI hielten sich die Verlierer und die Gewinner die Waage. An der Tabellenspitze stand der Pharmazulieferer Lonza mit einem Plus von 4.9%. Lonza gab neue Mittelfristziele bekannt und kündigte den Verkauf des Geschäftsbereichs «Capsules & Health» an, was die Marktteilnehmer positiv auffassten. Daneben avancierte der Luxusgüterkonzern Richemont (+1.5%), welcher von einem positiven Analystenkommentar profitierte. Die Konkurrentin Swatch konnte trotz einem negativen Analystenkommentar 0.5% höher schliessen. Die zyklischen Werte UBS (+1.1%) und Holcim (+1.1%) legten ebenfalls deutlich zu. Unter Abgabedruck standen der Frachtlogistiker Kühne + Nagel, der 2.8% tiefer schloss. Der Grund dafür war die Ratingreduktion eines Brokers. Daneben standen auch Partners Group (-1.0%), Swiss Life (-0.7%) und Sika (-0.6%) nicht in der Gunst der Anleger. Die Indexschwergewichte zeigten sich derweil uneinheitlich. Während Novartis und Nestlé beide je 0.1% höher schlossen, gab Roche um 0.2% nach. Am breiten Markt sprangen die Aktien des Bankensoftwarekonzerns Temenos um 8.9% nach oben, nachdem eine Ratinghochstufung eines Brokers für Auftrieb sorgte. Die Aktien von Meyer Burger bewegen sich weiterhin sehr schwankungsreich und mussten gestern wieder einen Kursverlust von 12.4% hinnehmen. Der Derivatespezialist Leonteq litt gestern ebenfalls unter einem deutlichen Kursverlust von 11.3%. Aufgrund eines schweren Verstosses im Risikomanagement und bei Gewährspflichten zieht die Finma nun einen Gewinn in Millionenhöhe ein. Leonteq musste daraufhin eine Gewinnwarnung bekannt geben und antizipiert fürs laufende Jahr einen Vorsteuergewinn im einstelligen Millionenbereich in Schweizerfranken. 2023 resultierte noch ein Reingewinn von CHF 20 Mio. Der Versicherer Helvetia hielt gestern seinen Investorentag ab und gab neue, höhere Mittelfristziele bekannt. Die Aktie verlor trotzdem 2.3%.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: +0.12% DAX: +0.13%

Die europäischen Aktienmärkte zeigten sich gestern von der uneinheitlichen Seite. Die Leitzinssenkung der EZB fiel wie erwartet aus und hatte nur einen geringen Einfluss auf die Aktienmärkte. Die stärksten Avancen verzeichnete der italienische FTSE MIB (+0.4%), gefolgt vom deutschen DAX (+0.1%) und vom länderübergreifenden EuroStoxx50 (+0.1%). Auf Sektorenebene schwangen die Bereiche Nichtzyklischer Konsum, Technologie und Zyklischer Konsum obenauf. Unterdurchschnittlich schnitten hingegen die Sektoren Grundstoffe, Industrie und Versorger ab.

Aktienmärkte USA

DowJones: -0.53%, S&P500: -0.54%, Nasdaq: -0.66%

Die amerikanischen Aktienmärkte verzeichneten nach dem deutlichen Kursanstieg am Mittwoch gestern wieder Kursverluste. Der technologielastige Nasdaq verlor mit 0.7% am stärksten, gefolgt vom marktbreiten S&P500 und vom US-Leitindex DowJones, die beide je 0.5% tiefer schlossen. Aus Branchensicht stand nur der Sektor Nichtzyklischer Konsum in der Gunst der Anleger. Unter deutlichem Abgabedruck standen hingegen die Sektoren Zyklischer Konsum, Gesundheit und Kommunikationsdienste. Auf Einzeltitelebene stachen die Aktien des Softwarekonzerns Adobe mit einem Kursverlust von 13.7% negativ hervor. Eine enttäuschender Jahresausblick schürte Ängste, wonach der Konzern Aufträge an aufstrebende Unternehmen im KI-Bereich verlieren könnte.

Unternehmensberichte

Swiss Re hält heute seinen Investorentag ab und gibt eine neue, teils höhere Zielsetzung bekannt. Für 2025 strebt der Konzern einen Reingewinn von mehr als USD 4.4 Mrd. an, nachdem SwissRe für 2023 wegen hoher Rückstellungen fürs US-Haftpflichtgeschäft im Herbst die Reingewinnprognose auf USD 3.0 Mrd. senkte. Die Dividende je Aktie soll über die nächsten drei Jahre mindestens um 7% pro Jahr steigen. Das Rentabilitätsziel wird unverändert belassen. So wird eine Eigenkapitalrendite (RoE) bei über 14% gesehen. Mit dem Fokus auf der Steigerung der Kosteneffizienz sollen bis 2027 rund USD 300 Mio. an Betriebsaufwänden eingespart werden. In der Sach- und Haftrückpflichtversicherung strebt SwissRe gegenüber dem Vorjahr eine Verbesserung des Schaden-Kosten-Satzes auf weniger als 85% an (zuvor: 87%). In der Sparte Corporate Solution wird ein Schaden-Kosten-Satz von weniger als 91% (zuvor: unter 93%) angepeilt. Im Lebens- und Krankenrückversicherungsgeschäft wird ein Reingewinn von USD 1.6 Mrd. angestrebt, nach USD 1.5 Mrd. im laufenden Jahr.

mobilezone gab heute Morgen eine Gewinnwarnung bekannt. Da im 2. Halbjahr 2024 vor allem die Ergebnisse in Deutschland unter den Erwartungen ausfielen, reduziert mobilezone die Prognose fürs Gesamtjahr. Die Dividendenstrategie wird aber bestätigt. Für das Geschäftsjahr wird eine unveränderte Dividende von CHF 0.90 je Aktie vorgeschlagen. So wird ein Umsatz von CHF 960 bis CHF 990 Mio. in Aussicht gestellt, nach CHF 1’013 Mio. im Vorjahr. Der bereinigte EBIT wird zwischen CHF 52 und 57 Mio. erwartet. Bislang strebte man einen bereinigten EBIT von mindestens CHF 68 Mio. bis 75 Mio. an. Die Konsumentenstimmung in Deutschland sei weiterhin pessimistisch. Insbesondere die Deckungsbeiträge im Online-Geschäft standen deutlich unter Druck, was die Profitabilität belasten wird. Mobilezone rechnet mit einem Rückgang der EBIT-Marge in diesem Bereich von 4.2% auf 3.1% bis 3.3%. In der Schweiz sieht mobilezone bei den Absatzzahlen im Vertrags- und Zubehörgeschäft einen Rückgang, jedoch entwickeln sich die Geschäftsbereiche MVNO, B2B und Refurbishing/Repair/jusit positiv und eine EBIT-Margensteigerung um 80 Basispunkte auf 12.5% wird antizipiert. Das EBIT-Margenziel von 8% für das gesamte Unternehmen für das Jahr 2025 wird ausgesetzt.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.32%; DE: 2.20%; CH: 0.23%

Die Rendite der richtungsweisenden 10-jährigen US-Staatsanleihe setzte auch gestern ihren Aufwärtstrend fort und notierte erstmals in diesem Monat wieder über der Marke von 4.30%. Auch in Europa stiegen die Zinsen gegen Abend deutlich an. Dies obwohl die Europäische Zentralbank am Nachmittag ihre Leitzinsen erwartungsgemäss um einen Viertel-Prozentpunkt senkte und weitere Zinssenkungen in Aussicht stellte.

Die Zinsen in der Schweiz blieben vom höher als erwartet ausgefallenen Zinsschritt der Schweizerischen Nationalbank weitestgehend unbeeindruckt. Obwohl die SNB ihren Leitzins mit 0.50% deutlicher senkte als erwartet, reagierten die Schweizer Zinsen kaum darauf und notierten seitwärts.

Währungen

Euro in Franken: 0.9338
US-Dollar in Franken: 0.8923
Euro in US-Dollar: 1.0465

Der Schweizer Franken litt am gestrigen Handelstag unter der deutlichen Leitzinssenkung der SNB und büsste gegenüber sämtlichen G10-Währungen deutlich an Terrain ein. Das sind gute Neuigkeiten für das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank, das mit ihrer Leitzinssenkung der Frankenstärke Einhalt gebieten möchte. Wie lange dieser Effekt hingegen anhält, wird sich zeigen. Schon im vergangenen März zeigte sich, dass überraschende geldpolitische Entscheide meist nur einen sehr kurzfristigen Einfluss auf die Devisenmärkte haben.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 70.06 pro Fass
Goldpreis: USD 2'688.23 pro Unze

Nach der Prognoseanpassung des Öl-Kartells Opec von Mitte Woche warnte gestern auch die Internationale Energieagentur (IEA) vor einem Angebotsüberschuss an Rohöl im kommenden Jahr. So bleibe den Weltmärkten gemäss IEA-Berechnungen trotz der verlängerten Förderbeschränkung der Opec+ ein Überangebot von 1.4 Millionen Barrel pro Tag. Der Ölpreis hat entsprechend etwas nachgegeben.

Wirtschaft und Konjunktur

Europäische Zentralbank: Leitzins (Einlagefazilität)
letzter: 3.25%; erwartet: 3.00%; aktuell: 3.00%

Die Europäische Zentralbank senkte ihre Leitzinsen gestern erwartungsgemäss zum vierten Mal in diesem Jahr. Wie bereits in den Monaten zuvor, liess sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde hinsichtlich des weiteren Zinspfades jedoch nicht in die Karten blicken. Sie betonte erneut, dass die EZB von Sitzung zu Sitzung entscheiden werde und sich dabei auf die Entwicklung der Konjunktur- und Inflationsdaten abstützen werde. Allerdings taxiert der EZB-Rat die aktuelle Geldpolitik nach wie vor als restriktiv, weshalb wir den nächsten Zinsschritt bereits beim kommenden Zusammentreffen Ende Januar erwarten.

Angela Truniger

Finanzanalystin
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

Patrick Häfeli

Senior Strategieanalyst Fixed Income
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich

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