16. Mai 2024, Tägliche Marktsicht

US-Inflationszahlen beflügeln Aktienmärkte

Der SMI stieg gestern nach Vorlage der US-Inflationszahlen auf ein Zweijahreshöchst. Heute liegt der Fokus auf den Quartalsberichten von Swiss Re, Zurich Insurance und Avolta.

Aktienmarkt Schweiz

SMI: +0.98%, SPI: +0.96%, SMIM: +0.83%

Der Schweizer Aktienmarkt schloss zur Wochenmitte deutlich fester. Für positive Impulse sorgte am Nachmittag die Veröffentlichung der US-Inflationszahlen, die im Rahmen der Erwartungen ausfielen. Entgegen der Befürchtung einiger Marktteilnehmer erhöhte sich die Inflation im April nicht weiter, sondern verringerte sich im Jahresvergleich leicht auf 3.6%. Dies nährte die Hoffnungen auf eine baldige Zinssenkung der US-Notenbank. Der SMI beendete den Tag auf einem Zweijahreshöchst und schloss 1.0% höher. An der Indexspitze erhielten Lonza (+4.9%) und Sonova (+4.1%) nach den Quartalsberichten vom Dienstag Rückenwind von positiven Analystenkommentaren und Anschlusskäufen. Dahinter profitierten mit Partners Group (+2.2%), Geberit (+2.0%), Sika (+1.9%), ABB (+1.4%) und Holcim (+1.3%) weitere zinssensitive Wachstumswerte und Zykliker von den Zinshoffnungen. Die Aktien von Roche (+1.3%) fanden nach einem positiven Zulassungsentscheid neue Käufer und konnten einen Teil der Vortagesverluste wettmachen. Von den anderen beiden Schwergewichten konnte nur Nestlé (+1.0%) mit dem Index mithalten. Novartis (-0.2%) kam hingegen nach der zuletzt starken Kursentwicklung nicht vom Fleck. Im breiten Markt sprangen die Aktien von VAT um 4.8% nach oben. Der Halbleiterzulieferer erhielt von der Ratingagentur Moody’s ein höheres Kreditrating. Daneben gehörten unter anderem zinssensitive Wachstumswerte aus dem Gesundheitssektor wie Galderma (+2.3%), Straumann (+2.3%) und Siegfried (+1.7%) zu den Tagesgewinnern. Die Aktien von Hochdorf brachen um 32.1% ein, nachdem die Aktionäre an der Generalversammlung den Vorstoss des neuen italienischen Grossaktionärs Newlat über den kompletten Austausch des Verwaltungsrats ablehnten.

Aktienmärkte Europa

EuroStoxx50: +0.41%, DAX: +0.82%

Die europäischen Aktienmärkte kamen zunächst nicht vom Fleck, drehten aber nach der Publikation der US-Inflationszahlen am Nachmittag in die Pluszone. Die Hoffnung auf baldige Zinssenkungen durch die US-Notenbank beflügelte unter anderem Zykliker und Wachstumswerte. Entsprechend gehörte der DAX mit einem Kursplus von 0.8% europaweit zu den stärksten Indizes. Der länderübergreifende EuroStoxx50 ging mit einem Plus von 0.4% aus dem Handel. Branchenseitig führten noch vor den zyklischen Sektoren die zinssensitiven Branchen Versorger und Immobilien das Gewinnerfeld an. Unter Druck standen hingegen die Energieaktien, die nach den jüngsten Kursavancen unter Gewinnmitnahmen litten. Auf Einzeltitelebene stand unter anderem Burberry im Fokus. Die Aktien des Luxus-Kleiderherstellers gaben nach einen enttäuschenden Quartalsbericht 7.3% nach.

Aktienmärkte USA

DowJones: +0.88%, S&P500: +1.17%; Nasdaq: +1.40%

Die amerikanischen Aktienmärkte zogen nach der Vorlage der Mai-Inflationsdaten kräftig an. Positiv aufgefasst wurden neben dem sich leicht abschwächenden Preisauftrieb auch die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze, die etwas schwächer ausfielen als erwartet. Dies wurde als Zeichen einer abschwächenden Wirtschaft gedeutet und gab den Hoffnungen auf eine baldige erste Zinssenkung der Fed zusätzlich Auftrieb. Der DowJones ging 0.9% höher aus dem Handel. Der breiter gefasste S&P500 schloss 1.2% höher, während der technologielastige Nasdaq um 1.4% anzog. Im Fokus standen unter anderem die Aktien von Walt Disney, die nach vorsichtigen Kommentaren von CEO Bob Iger um 2.5% zurückfielen. Unter Druck standen zudem die E-Autohersteller Tesla (-2.0%), Lucid (-7.1%) und Rivian (-8.9%). Sie hatten in den letzten Tagen von den Ankündigungen neuer Strafzölle auf chinesische E-Autos profitiert und litten gestern unter Gewinnmitnahmen.

Unternehmensberichte

Zurich Insurance präsentierte heute einige Eckdaten zum 1. Quartal 2024. Im Schadensversicherungsgeschäft steigerte der Versicherungskonzern die Bruttoprämien zwischen Januar und März um 5% auf USD 10.25 Mrd. Bereinigt um Währungseinflüsse betrugt das Umsatzplus 9%. Angetrieben war das Wachstum unter anderem durch Prämienerhöhungen. Im Lebensversicherungsgeschäft konnte Zurich Insurance Neugeschäft über USD 4.0 Mrd. vermelden. Dies lag währungsbereinigt 1% unter dem Vorjahreswert. Beim auf den US-Landwirtschaftssektor ausgerichtete Farmers-Bereich stiegen die Bruttoprämien um 6% auf USD 7.1 Mrd. Die Solvenzquote des Konzerns lag per 31. März bei 232% und damit leicht unter den 234% von Ende 2023. Damit liegt sie aber weiter komfortabel über dem Zielwert des Unternehmens, der eine Quote von mindestens 160% anstrebt. Der Zwischenbericht übertrifft die Analystenerwartungen im Schadensversicherungsgeschäft, verfehlt sie hingegen in der Lebensversicherungssparte.

Swiss Re erreichte im 1. Quartal 2024 einen Reingewinn von USD 1.1 Mrd. und einen Eigenkapitalrendite von 21.3%. Wegen der Umstellung von US GAAP auf IFRS ist der Reingewinn nicht 1:1 mit dem Vorjahresgewinn von USD 643 Mio. vergleichbar. Der zum ersten Mal ausgewiesene Versicherungsumsatz betrug USD 11.7 Mrd. Im Sach- und Rückversicherungsgeschäft verbuchte der Konzern einen Gewinn von USD 552 Mio. Der Schaden-Kosten-Satz belief sich auf 84.7%. Im Lebensversicherungsgeschäft betrug der Gewinn USD 412 Mio. In Bezug auf die Jahreszielsetzung, die einen Reingewinn von mindestens USD 3.6 Mrd. anstrebt, sieht sich das Unternehmen auf Kurs. Mit den Gewinnzahlen übertrifft Swiss Re die Erwartungen der Analysten.

Avolta hat heute Morgen Umsatzzahlen zum 1. Quartal 2024 publiziert. Der Kernumsatz stieg im Vorjahresvergleich um 18% auf CHF 2.78 Mrd. Der starke Anstieg ist unter anderem auf die Übernahme von Autogrill zurückzuführen, dessen Zahlen erst seit April 2023 konsolidiert wurden. Organisch erreichte das Unternehmen ein Wachstum von 8.6%. Der operative Betriebsgewinn (EBITDA) stieg unterstützt durch Synergien aus dem Zusammenschluss mit Autogrill und einer verbesserten Profitabilität um 26% auf CHF 169 Mio. Der optimistische Ausblick für das Gesamtjahr und die Mittelfristzielsetzung wurde bestätigt. Der Zwischenbericht liegt leicht über den Analystenerwartungen.

Kapitalmärkte

Rendite 10 Jahre
USA: 4.321% DE: 2.421% CH: 0.622%

Im Nachgang an die Publikation der Inflationsdaten in den USA sind die mittel- und längerfristigen Zinsen deutlich gefallen. Seit Ende April hat der 10-jährige US-Treasury rund 40 Basispunkte eingebüsst. Die sinkenden Inflationszahlen befeuern die Hoffnung der Marktteilnehmer, dass die US-Notenbank doch eher als geplant die Zinsen senken könnte. Insbesondere auch deshalb, weil sich in der Wirtschaft unterdessen erste Bremsspuren bemerkbar machen. Auch in Europa und teilweise in der Schweiz kam es zu einem Rückgang der Zinsen, allerdings nicht so ausgeprägt.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9006
Euro in US-Dollar: 1.0883
Euro in Franken: 0.9802

Auch am Devisenmarkt sorgten die gesunkenen Inflationszahlen für Bewegung. Der US-Dollar gab gegenüber dem Schweizer Franken nach. Die wieder gestiegene Erwartung auf baldige Zinssenkungen in den USA schwächen die US-Währung. Gegenüber dem Euro bleibt der Schweizer Franken weiterhin stabil und notiert mit 0.98 nur knapp unter Parität.

Rohwarenmärkte

Ölpreis WTI: USD 79.07 pro Fass
Goldpreis: USD 2'394.30 pro Unze

Der Ölpreis zeigt sich in den letzten Wochen stabil und notiert knapp unter der 80-Dollar-Marke das Fass. Gold hat hingegen mit dem deutlichen Zinsrückgang und der Dollarschwäche Schwung aufgenommen und notiert wieder knapp unter 2’400 US-Dollar die Feinunze.

Wirtschaft und Konjunktur

USA: Inflationsdaten (April)
letzte: 3.5%; erwartet: 3.4%; aktuell: 3.4%

Die Inflationszahlen sind in den USA im April etwas gesunken. Insbesondere die vielbeachtete Kerninflation, das heisst alle Güter ausser Energie und Nahrungsmittel, ist zurückgekommen. Sie notiert mit 3.6% zwar weiterhin deutlich über dem Zielband der US-Notenbank. Jedoch haben sich die Befürchtungen, dass die Inflation wieder ansteigen könnte, nicht bewahrheitet.

Matthias Müller

Senior Finanzanalyst
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich

Beat Schiffhauer

Senior Strategieanalyst
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich