29. April 2024, Tägliche Marktsicht

Währungen absichern, ja oder nein?

Die Renditen für Obligationen und Geldmarktanlagen in US-Dollar sind im Vergleich zu den Schweizer Zinsen attraktiv. Nun scheint es, dass sie das noch für eine längere Zeit bleiben könnten. Lohnt sich die Absicherung der Fremdwährungsrisiken für einen in Franken rechnenden Investor?

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Die Renditen für Obligationen und Geldmarktanlagen in US-Dollar sind im Vergleich zu den Schweizer Zinsen attraktiv. Nun scheint es, dass sie das noch für eine längere Zeit bleiben könnten. Da stellt sich die Frage, ob das Währungsrisiko des Dollars gegen Franken abgesichert werden soll. In diesem konkreten Fall ist diese schnell beantwortet. Da die Kosten für die Absicherung der Zinsdifferenz im Geldmarkt entsprechen, muss das Risiko des US-Dollars getragen werden, da sich die schöne Mehrrendite sonst in Luft auflöst. Das Thema Währungsabsicherung im Portfoliokontext ist dagegen schon fast eine Glaubensfrage. Von gar nicht bis alles über den sogenannten Praktikeransatz eines fixen Absicherungsanteils bis hin zu einem komplexen Modell mit einer dynamischen Hedge Ratio sieht man alles. Die Verfechter jedes Ansatzes wollen und können zeigen, dass der ihrige der beste und der richtige ist.

Aber lohnt sich die Absicherung der Fremdwährungsrisiken für einen in Franken rechnenden Investor? Da die Zinsen im Franken tiefer sind als in den meisten anderen Währungen, kostet die Absicherung üblicherweise mehrere Prozentpunkte pro Jahr. Wird der Franken so systematisch teurer, dass trotz der Kosten ein Mehrwert erzielt werden kann? Wichtig bei der Beantwortung dieser Frage ist, wie dieser Mehrwert definiert wird.

Die Absicherung des Dollar-Risikos kostet momentan rund 4%. Das ist überdurchschnittlich viel und wird in Zukunft wieder geringer werden. Dass die Zinsdifferenz zwischen Franken und Dollar unter 2% sinkt, ist aber selten und auf Krisensituationen beschränkt. Die Währungsabsicherung des US-Dollars hat sich in den letzten Jahren performancemässig daher meistens nicht ausbezahlt. Die Schwankungen des USD/CHF-Wechselkurses sind seit der Finanzkrise deutlich kleiner als zuvor. Das hat auch mit der Nationalbank zu tun, die sich gegen starke Aufwertungsschübe des Frankens mit Interventionen am Devisenmarkt gewehrt hat. Das kann sich in Zukunft wieder ändern, wenn die SNB den Franken wieder vermehrt den Marktkräften überlässt. Die Erfahrung der letzten Monate hat aber gezeigt, dass die SNB dazu nur bedingt bereit ist. Wer nur am Gewinn der Dollar-Absicherung interessiert ist, kann sich die Kosten sparen. Währungsabsicherung sollte aber in erster Linie Risikomanagement sein. Dabei geht es darum, die Schwankungen in der Performance des Portfolios zu glätten und sich vor grossen Einzelverlusten zu schützen. 2008 und 2010 hat der US-Dollar zum Franken innert 12 Monaten um die 20% verloren. Da war man froh, wenn man den US-Dollar abgesichert hatte.

Die Absicherung des Euro sieht attraktiver aus. Die Zinsdifferenz ist normalerweise kleiner als beim US-Dollar, weshalb sich die Hedge-Kosten im Durchschnitt nur auf rund 1.5% pro Jahr belaufen. Zudem ist der Euro anfälliger auf Schwächeanfälle. Kursverluste zum Franken von mehr als 10% innert zwölf Monaten sind seit der Eurokrise und dem latenten Vertrauensproblem der Einheitswährung in regelmässigen Abständen vorgekommen. Kursgewinne des Euro im gleichen Ausmass sind dagegen eine Rarität.

Wir gehen davon aus, dass der Franken über die Zeit stärker wird, solange die Inflation in der Schweiz tiefer ist als im Ausland und der Franken als sicherer Hafen gilt. Daher sichern wir in den Vermögensverwaltungsmandaten für Privatkunden das Währungsrisiko bei Fremdwährungsobligationen meistens ab. Ausnahmen werden bewusst entschieden. Bei den Aktien sichern wir die amerikanischen Aktien und die europäischen Aktien zur Hälfte währungsmässig ab. Diese Absicherung hat einen strategischen Charakter und basiert nicht auf unserer Währungsprognose. Das primäre Ziel ist dabei die Reduktion der Performance-Schwankungen in den Portfolios. Dazu kommt, dass der Franken meistens stärker wird, wenn es an den Aktienmärkten nicht rund läuft. In Situationen mit stark sinkenden Aktienkursen wollen wir die zusätzlichen Währungsverluste vermindern.

Aktienmärkte

US-Aktienmärkte
Dow Jones: +0.40%, S&P500: +1.02%, Nasdaq: +2.03%

Europäische Aktienmärkte
EuroStoxx50: +0.81%, DAX: +1.29%, SMI: +0.74%

Asiatische Märkte
Nikkei 225: geschlossen, HangSeng: +1.74%, S&P/ASX 200: +0.84%

Die Kursschwankungen an den Aktienmärkten sind momentan gross. Getrieben werden sie von den Inflationserwartungen in den USA. Fallen die Inflationszahlen aber nicht ganz so schlecht aus wie befürchtet, wie dies am Freitag mit dem PCE Deflator geschehen ist, kommt es kurzfristig zu einem Kursrallye. Der S&P 500 legte letzte Woche 2.67% zu. Die europäischen Aktien stiegen 1.80%, während der Swiss Performance Index die Woche mit einem Plus von 1.02% abschloss.

Die Inflation in den USA liegt mit 3.5% deutlich über dem Zielbereich der US-Notenbank. Insbesondere im Inland zeigt sich bei den Preisen für Dienstleistungen eine hartnäckige Entwicklung. Dies widerspiegelt eine gut laufende Wirtschaft und den engen Arbeitsmarkt. Die Zahl der offenen Stellen ist weiterhin deutlich grösser als die Anzahl Arbeitsuchender. Die Leute haben Arbeit und die Löhne steigen schneller als die Teuerung. Entsprechend geben sie ihr Geld mit beiden Händen aus und halten so die Wirtschaft am Laufen. Dies führt aber dazu, dass die inländischen Unternehmen ihre Preise weiter erhöhen müssen und können. Aufgrund dieser Entwicklung hat in den USA das Risiko zugenommen, dass die US-Notenbank ihre Zinssätze länger hochhalten muss, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Das wiederum wirkt sich negativ auf den Aktienmarkt aus, da damit alternative Investitionen attraktiver werden. Ein zusätzliches Risiko für die Aktien bleibt die angespannte Situation im Nahen Osten. Insbesondere dann, wenn ein sich ausweitender Krieg zu steigenden Rohstoffpreisen führt. Dieses Risiko hat in unseren Augen zugenommen. Der stärkere Wind und die Böen führen zu erhöhtem Wellengang und sorgen für mehr Unsicherheit an den Aktienmärkten. Die Kursschwankungen werden in den nächsten Wochen erhöht bleiben.

Kapitalmärkte

Renditen 10 J: USA: 4.663%; DE: 2.575%; CH: 0.764%

Die Nerven der Obligationenhändler sind angespannt. Ist die Inflation in den USA ein Problem oder doch nicht? Jede Äusserung eines wichtigen oder auch weniger wichtigen Fed-Vertreters und jede Konjunkturzahl wird dahingehend interpretiert und meistens überinterpretiert. Ein ständiges Auf und Ab der Renditen bei den US-Obligationen ist die Folge. Die Schweizer Obligationen interessiert das nur am Rande und dann vor allem, wenn die Renditen in den USA fallen.

Währungen

US-Dollar in Franken: 0.9106
Euro in US-Dollar: 1.0729
Euro in Franken: 0.9770

Der Euro hat sich wieder etwas erholt, nachdem Zweifel am Termin Juni für die erste Zinssenkung der EZB aufgekommen sind. Die Kursbewegungen halten sich aber in engen Grenzen.

Rohstoffmärkte

Ölpreis WTI: USD 83.16 pro Fass
Goldpreis: USD 2'335.60 pro Unze

Der Goldpreis ist von seinem Höchst gesunken. Er hält sich aber auf einem immer noch hohen Niveau. Als Grund werden Inflationsängste angegeben. 2022, als die Inflation in den Industrieländern wirklich ein Problem war und weh tat, lag der Preis für eine Unze Gold jedoch 25% tiefer als heute.

Wirtschaft

USA: Personal Income (März) letztes: 0.3%; erwartet: 0.5%; aktuell: 0.5%
USA: Personal Spending (März) letztes: 0.8%; erwartet: 0.6%; aktuell: 0.8%

Die Einkommen der US-Haushalte steigen weiter und sie geben das Geld munter aus. Die Sparquote liegt mit 3.2% auf dem tiefsten Stand seit Oktober 2022. Solange die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen hoch ist, lassen sich auch Preiserhöhungen durchsetzen. Daran wird die Fed nicht Freude haben.

Thomas Stucki

Leiter Investment Center
Stauffacherstrasse 41
8021 Zürich
Ansicht vom Gebäude der Niederlassung der St.Galler Kantonalbank in Zürich